Sie wollen Menschen überzeugen? Das ist gar nicht so einfach. Wie Sie Ihre Chancen trotzdem erhöhen können, klären wir in diesem Artikel. Dabei gehen wir auf wissenschaftlich geprüfte Methoden ein – u.a. die zweiseitige Argumentation.
Menschen überzeugen - warum überhaupt?
Jeder, der ein Unternehmen hat, kennt das: Verschiedenste Menschen(-gruppen) müssen überzeugt werden. Beispielsweise etwaige Partner, von denen man sich eine lohnende Zusammenarbeit erhofft. Und vor allem: die Kunden, die ein Produkt kaufen sollen.
Gut argumentieren zu können und so auf Menschen einzuwirken, ist hier also unabdingbar.
Menschen überzeugen Teil 1: die zweiseitige Argumentation
Haben Sie schon einmal von der zweiseitigen Argumentation gehört?
Diese kommt ursprünglich aus der Wirtschaftspsychologie und ist für Unternehmen gut geeignet, um Menschen und Kunden zu überzeugen. Und: Auch in der alltäglichen Kommunikation kann sie sehr hilfreich sein. Auf diese gehen wir nun näher ein.
Einseitige vs. zweiseitige Argumentation
Die zweiseitige Argumentation hat auch einen „Gegenspieler“ – nämlich die einseitige Kommunikation. Wir klären nun, was diese beiden voneinander abgrenzt und wann welche Form sinnvoll ist.
Die einseitige Argumentation
Bei der einseitigen Argumentation werden nur die Vorteile genannt – zum Beispiel bezüglich eines Produkts, einer Firma oder eines Themas. Es geht also, grob gesagt, nur darum, wie toll ebendiese Dinge sind, allein die Vorteile/positiven Aspekte werden hervorgestrichen.
Zur einseitigen Argumentation gab es sogar ein Laborexperiment:
Personen wurden hier nur einseitig informiert. Und das Ergebnis? Die Personen haben aufgrund dessen die schlechteren Entscheidungen getroffen.
Hier muss man jedoch auch beachten, dass Menschen generell dazu neigen, sich genau die Informationen zu suchen, die ihre Entscheidung bzw. Meinung unterstützen. Das nennt man auch „selektive Informationssuche„.
Das klingt jetzt erst einmal so, als sollte man nicht auf die einseitige Kommunikation setzen. Doch es gibt auch Situationen, in denen sie durchaus auch sinnvoll sein kann.
Wann ist die einseitige Argumentation sinnvoll?
Diese Argumentationsform ist zum Beispiel dann sinnvoll, wenn Menschen noch keine Infos zum jeweiligen Thema haben. Dann muss die Einstellung zu diesem Thema erst einmal geformt werden, denn es ist unwahrscheinlich, dass die Zielgruppe bei einem ganz neuen Thema von vornherein kritisch eingestellt ist.
Eine weitere Situation, in der die einseitige Argumentation sinnvoll ist, ist, wenn der Rezipient die Argumente des Gegenübers bereits teilt oder aber fachlich wenig davon versteht. Bei Letzterem werden sie sich grundsätzlich eher nicht kritisch mit dem Thema auseinandersetzen.
Und wenn man diese Argumentationsform noch auf PR-Ziele (Public Relations) beziehen möchte: Am sinnvollsten ist die einseitige Argumentation bei den kurzfristigen Zielen. Bei den mittel- und langfristigen Zielen ist sie eher weniger sinnvoll, da man dort tiefer in das jeweilige Thema eintaucht und sich kritischer mit ebendiesem auseinandersetzt.
Die zweiseitige Argumentation
Bei dieser Argumentationsform werden zusätzlich auch die Nachteile genannt. Diese werden von einem selbst hervorgebracht, nicht vom Gegenüber. Und: Man nennt hier die negativen Argumente, die schlagend für das Gegenüber sind.
Außerdem sollten die Nachteile qualitativ hochwertig sein, also relevant bzw. wichtig für das Thema. Sie sollten einen Bezug dazu haben und nicht einfach „leer“ und ohne Themenbezug im Raum stehen.
Gleichzeitig versucht man, mit den Vorteilen ebendiese Nachteile wieder aufzuheben. Man bringt also einen (negativen) Einwand, danach aber einen Vorteil, der diesen Einwand wieder abschwächt. Insgesamt sollen die Vorteile die Einwände also überzeugend überwiegen.
Man spricht davon, dass Nachteile und Vorteile in einem Verhältnis von 40 % zu 60 % stehen sollten: 40 % Nachteile und 60 % Vorteile.
Ein Beispiel
Um die zweiseitige Argumentation etwas anschaulicher zu machen, haben wir hier ein Beispiel. Einige erinnern sich vielleicht noch an die Crisan Shampoo-Werbung. Es handelt(e) sich um ein Shampoo gegen Schuppen, das zu damaliger Zeit verhältnismäßig teuer war. Das Werbevideo endete mit folgendem Spruch:
"Crisan ist sauteuer, aber es wirkt."
Hier nimmt der Werbespruch die Einwände vorweg, die die Kundschaft bereits hat: Das Shampoo ist teuer. Und dieser Einwand ist qualitativ hochwertig – er ist wichtig für dieses Thema/in diesem Bereich. Gleichzeitig wird der Vorteil genannt, der diesen Einwand etwas „aushebelt“: Das Shampoo wirkt.
Wann ist die zweiseitige Argumentation sinnvoll?
Diese Argumentationsform ist dann sinnvoll, wenn die Rezipienten einem Thema kritisch gegenüberstehen.
Aber auch dann, wenn Menschen sich bezüglich eines Themas zwar nicht auskennen, aber generell über eine höhere Bildung verfügen. Der Hintergrund ist der, dass diese Menschen meist nach mehr Informationen suchen.
Fazit: Welche Form ist die bessere?
Die Antwort auf diese Frage ist wahrscheinlich etwas enttäuschend, denn: Es kommt darauf an. Die zweiseitige Argumentation klingt zwar zunächst ausgewogener, aber es gibt durchaus auch Situationen, in denen sie nicht benötigt wird – bzw. in denen eine einseitige Argumentation ausreichend ist.
Stehen Menschen einem Thema neutral gegenüber oder stimmen sowieso schon mit meiner Meinung überein, reicht meist die einseitige Form.
Sind Menschen jedoch eher kritisch eingestellt oder neigen prinzipiell dazu, sich ein Thema von allen Seiten anzusehen, ist die zweiseitige Form besser geeignet.
Moser, K. (Hrsg.) (2015): Wirtschaftspsychologie. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin: Springer Verlag
Menschen überzeugen: So erhöhen Sie Ihre Chancen - Teil 2
Es gibt sechs Aspekte, die man in eine Argumentation einbauen kann, um möglichst eine Einstellungsänderung zu bewirken. Diese Einstellungsänderung soll dann meist in einem zweiten Schritt eine Verhaltensänderung nach sich ziehen.
Dieses Modell der sechs Aspekte heißt „Beispiel eines integrativen argumentorientierten Programms“. Wichtig ist hier, dass man immer alle sechs Aspekte in eine Argumentation einbauen muss, damit die Chance auf Einstellungsänderung maximiert werden kann. Nur eines oder ein paar davon sind nicht ausreichend.
Doch um welche sechs Aspekte handelt es sich? Das klären wir nun:
Aspekt 1: Schwerwiegende Konsequenzen
Durch den Einbau dieses Aspekts in die Argumentationskette soll die Person erkennen, dass es bei Nicht-Einhaltung des vom Sprecher gewünschten Verhaltens zu schweren Konsequenzen kommt. Die Person muss diesen Umstand aber wirklich verinnerlichen.
Beispiel: Bei zu viel Alkoholkonsum kann es zu Leberzerose kommen.
Die Leberzerose ist die schwere Konsequenz – als Resultat des Alkoholkonsums. Wichtig ist, dass dieser Aspekt nicht zu einem Furchtappell werden darf, denn das wiederum wäre eine Art Übertreibung, die dann nichts mehr bewirkt.
Aspekt 2: Hohe Wahrscheinlichkeit der eigenen Betroffenheit
Bei diesem Aspekt geht es darum, dass die Person feststellen soll, dass sie überhaupt betroffen sein wird.
P.S.: Deshalb gibt es in der Publizistik und Kommunikationswissenschaft auch den Nachrichtenwert der persönlichen Betroffenheit.
Aspekt 3: Möglichkeit effektiver Gegenmaßnahmen
Mit diesem Aspekt soll die Person erkennen, dass es Maßnahmen gibt, die ergriffen werden können, um das mithilfe des ersten Aspektes beschriebene Problem zu lösen. Man ist also nicht hilflos, sondern kann Gegenmaßnahmen ergreifen (z. B. zur möglichen Leberzerose).
Aspekt 4: Persönliche Ausführbarkeit der Gegenmaßnahmen
Das Stichwort ist hier: Selbstwirksamkeit. Die Person muss also das Gefühl bekommen, selbst aktiv etwas machen zu können. Die Gegenmaßnahme ist also umsetzbar für die Person, sie hat die Möglichkeit, sie überhaupt setzen zu können.
Die Gegenmaßnahmen können also nicht nur ganz generell ergriffen werden, sie müssen stattdessen so gestaltet sein, dass die Person selbst, als Individuum, diese Maßnahmen ergreifen kann.
Aspekt 5: Intrinsische bzw. extrinsische Verstärker
Es handelt sich um Verstärkermechanismen. Jeder Mensch hat ebensolche Mechanismen, die begründen, warum man das macht, was man macht.
Diese Verstärker können intrinsisch oder aber extrinsisch sein.
Übrigens (Begriffserklärung):
intrinsisch: von innen heraus kommend
extrinsisch: von außen kommend
Um nun ein anderes Verhalten an den Tag zu legen, braucht es Verstärkermechanismen, die noch stärker sind als die eigenen. Die Herausforderung ist, dass die Verstärker, die eine Person hat, meist schon recht stark sind. Daher möchte man das alte Verhalten nicht durch ein neues ersetzen, sondern das neue als Zusatz hinzunehmen.
Man muss hier so argumentieren, dass man ein zusätzliches Verhalten aufbaut – nicht ein altes ersetzt.
Beispiel: Eine Aussage wie "Du musst auf Fleisch verzichten" sollte lieber dadurch ersetzt werden, die vegane Küche als Zusatzoption zur eigenen Küche anzubieten.
Aspekt 6: Eigennutz/Gemeinnutz verdeutlichen
Hier sollen die Vorteile des neuen Verhaltens verdeutlicht werden – quasi als Kirsche auf der Torte.
Fazit zu den sechs Aspekten
Von den schwerwiegenden Konsequenzen über die Wahrscheinlichkeit der Betroffenheit zur Möglichkeit von Gegenmaßnahmen bis hin zur persönlichen Ausführbarkeit ebendieser, den Verstärkern und schließlich der Verdeutlichung des Gemein- oder Eigennutzes muss also alles in die Argumentationskette eingebaut werden.
Macht man das, erhöhen sich die Chancen, Menschen gekonnt überzeugen zu können.
Menschen überzeugen - das Gesamtfazit
Die beiden hier vorgestellten Methoden eignen sich gut, um Menschen beeinflussen zu können. Will man also Kunden von einem Produkt oder der eigenen Firma überzeugen möchte, ist der Einbau der sechs Aspekte und die Durchführung der zweiseitigen Argumentation durchaus hilfreich.
So kann man mit einer vergleichsweise leichten/weniger aufwendigen Anpassung – einer Änderung in der Art zu kommunizieren – bereits viel erreichen und dem eigenen Ziel näherkommen.
Doch beschäftigt man sich nicht hauptberuflich mit Kommunikation, ihrem Aufbau und ihrer konkreten Wirkweise, kann es herausfordernd werden, diese Elemente in die eigene Kommunikationsstrategie einzubauen – und das neben dem eigentlichen, alltäglichen Geschäft.
Ein Kommunikationsexperte kann Ihnen die ersten Schritte erleichtern und mit Ihnen evaluieren, welche konkrete Kommunikations-Anpassung für Ihr Unternehmen wirklich gewinnbringend und erfolgsversprechend ist – damit Sie noch überzeugender überzeugen können.
Dann vereinbaren Sie einfach ein kostenloses Erstgespräch unter office@markstone.at!
Quellenangabe
Die Informationen zu den sechs Aspekten und dem zweiseitigen Argumentieren beziehen sich alle auf folgendes Buch:
Moser, K. (Hrsg.) (2015): Wirtschaftspsychologie. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin: Springer Verlag
Mag. Markus Dröscher, Bakk MSc MBA
Akademischer Mediator (eingetragen)
Akademischer Unternehmensberater, Coach & Trainer
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